Ist bei
einem Verkehrsunfall ein vollkaskoversichertes Fahrzeug beteiligt ,
eröffnen sich mehrere Anspruchsmöglichkeiten. Denn nun kommen neben
Ansprüchen gegen den Unfallgegner aus der Delikts- und
Gefährdungshaftung auch solche gegen den eigenen Kaskoversicherer aus
vertraglicher Verpflichtung in Betracht.
Vorstellbar sind
folgende Konstellationen:
- Trifft den
Unfallgegner die Alleinschuld an dem Unfallereignis, so wird man ihn
bzw. den hinter ihm stehenden Kraftfahrthaftpflichtversicherer in
Anspruch nehmen und nicht den eigenen Kaskoversicherer.
- Bei Alleinschuld
hingegen wird man sich ausschließlich an den eigenen Kaskoversicherer
wenden.
- Ist die Haftung
jedoch zwischen den Unfallparteien zu teilen, liegt also ein sog.
Quotenfall vor, so bestehen sowohl Ansprüche gegen den gegnerischen
Krafthaftpflichtversicherer als auch gegen den eigenen
Kaskoversicherer. Diese Ansprüche lassen sich nun so ansetzen, dass
man häufig unter dem Strich mehr erzielt, als bei alleiniger
Inanspruchnahme nur eines dieser beiden Versicherer.
Begrenzt sind
diese Forderungen in drei Richtungen:
-
Man erhält nie
mehr als 100% des Schadens ersetzt.
-
Der
Haftpflichtige zahlt nicht mehr als die Quote ihm auferlegt.
-
Der
Kaskoversicherer zahlt nicht mehr als vertraglich vereinbart.
Die
Schadensforderungen erhöhen sich also in der Summe nicht, sondern es
gilt das Vorrecht des Geschädigten, seine Schadensforderungen zuerst
aus der Haftpflicht des Gegners zu befriedigen, bevor sein eigener
Kaskoversicherer darauf zugreifen kann. So kann es also sein, dass der
Topf bereits geleert ist, wenn der Kaskoversicherer darauf zugreifen
will.
Die Grundlagen
hierzu finden sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG).
Grundsätzlich ist
es so, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten
auf den Versicherer übergeht , soweit der Versicherer den Schaden
ersetzt, § 86 Abs. 1 VVG.
Abs. 2 des
Paragrafen regelt jedoch, dass dieser Übergang nicht zum Nachteil des
Geschädigten erfolgen darf, und begründet so dass Quotenvorrecht.
Viele scheuen die
Inanspruchnahme ihres Kaskoversicherers aufgrund der Angst vor einer
Rückstufung. Diese fällt jedoch meist kaum ins Gewicht in Anbetracht
der Höhe der Versicherungsleistung. Hinzu kommt, dass dieser
finanzielle Schaden durch eine Rückstufung auch entsprechend der Quote
von dem Gegner zu ersetzen ist.
Die
Gesamtschadenssumme eines Verkehrsunfalls setzt sich aus
unterschiedlichen Schadenspositionen zusammen, die teils nur vom
gegnerischen Haftpflichtversicherer, teils vom gegnerischen
Haftpflichtversicherer und dem eigenen Kaskoversicherer zu erstatten
sind. Die Rechtsprechung unterscheidet hier in „kongruente“ und in
„nicht kongruente“ Schadenspositionen. Auf die „kongruenten“ findet
das Quotenvorrecht Anwendung.
Dies sind:
-
Fahrzeugschaden
-
Merkantiler
Minderwert
-
Gutachterkosten
-
Abschleppkosten
Als Merksatz kann
man folgendes behalten: Alle Schadenspositionen , die Blech berührt
haben, geltend als kongruent.
Nicht kongruente
Schäden sind:
Diese nicht
kongruenten Schäden sind ausschließlich von der gegnerischen
Haftpflichtversicherung – natürlich nur in Höhe der Quote - zu
erstatten. Der Kaskoversicherer leistet auf diese Positionen also
keine Zahlungen.
Bei den
quotenbevorrechtigten kongruenten Positionen hingegen fließen sowohl
Leistungen aus der Kaskoversicherung als auch aus der
Haftpflichtversicherung zusammen in einen Topf. Auf die Summe der
kongruenten Positionen wird zuerst die vertragliche Zahlung aus der
Kaskoversicherung angerechnet. Den Restbetrag zahlt der
Haftpflichtversicherer, begrenzt bis zur Höhe des Restbetrages und zur
Höhe der Quote aus der Summe aller kongruenten Schadenspositionen.
Eine
Selbstbeteiligung bei der Kaskoversicherung kann – unter
Berücksichtigung der Quote - bei der gegnerischen Haftpflicht geltend
gemacht werden.
Die
Herangehensweise ist also:
-
Trennung der
Schadenspositionen in „kongruente“ und „nicht kongruente“
-
Erstattungsanteil
für „nicht kongruente“ nach der Haftungsquote ermitteln
-
Von der Summe der
„kongruenten“ Schadenspositionen die Zahlung der Kaskoversicherung
abrechnen. Der Haftpflichtversicherer zahlt auf den Restbetrag bis
zur Höhe der Haftungsquote aus der Summe der „kongruenten Schäden“.
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